Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Wanderungen, zufälligen Begegnungen und Entdeckungen im Harz.
Sehnsucht nach Schnee 07.02.2023 Weihnachten, Sylvester, Neujahr und der gesamte Januar sind vergangen, aber von Schnee im Winter keine Spur. Nicht ein Krümelchen. Seit Wochen ist der Himmel zwar bedeckt, doch statt Schnee fallen Regentropfen. Alles sieht grau und düster aus, drückt mir aufs Gemüt. Ich will endlich Sonnenschein unter einem azurblauen Himmel, etwas, das meine Lebensgeister befeuert und Lust auf Bewegung im Harz macht. Ich will endlich über Schnee laufen, das Knirschen der Schritte hören und die verschneite Landschaft bewundern. Dieser Dienstagmorgen verspricht endlich genau das, worauf ich lange warten musste: Sonnenschein. Der Entschluss steht fest, wir fahren in den Harz, dorthin wo viel Schnee liegt. Nach reichlich dreißig Minuten rollen wir hinter Elbingerode auf Drei Annen Hohne, in 550 Meter Höhe, zu. Einige Jahre zuvor war diese Straße noch von dichtem Nadelwald gesäumt. Links und rechts nichts als Bäume und jetzt? Jetzt kann man über die kahle Ebene mit abgeknickten Baumresten all die Berge ringsum sehen, die oft ebenso kahl aufragen. Ein ziemlich gespenstiger Anblick, wenn man das Vorher kennt. Eigentlich war der Plan, hier in Richtung Hohnekopf und Leistenklippen zu starten. Nach einem kurzen Halt am Straßenrand fällt die Entscheidung, über Elend und Braunlage bis zum Königskrug zu fahren, also locker zweihundert Meter höher. Dort liegt jedenfalls mit Sicherheit viel mehr Schnee und Parkplätze findet man auch. Gegen 10.00 Uhr rollen wir am Königskrug aus. Hier herrscht überall noch richtiger Winter mit Schnee – so schön! Hinter dem Gasthaus beginnt der Rundweg. Die Loipen sind gespurt, aber vereist. Einige Skiwanderer mühen sich, darauf in Fahrt zu kommen. Wir laufen zwischen den Spuren und das empfinde ich heute als Genuss. Unter meinen Füßen knirscht der Schnee, überall liegt eine dicke weiße Schneedecke und vom blauen Himmel lacht ein feuriger Sonnenball. Ich genieße tatsächlich jeden Meter, freue mich wie ein Kind über manche Schneemütze, die auf einem Baumstumpf sitzt und grüße jeden, der entgegen kommt. Hier oben bin ich frei. Frei von Informationen, Meinungen und Bildern – nur Mensch mit viel Lust am Leben, dem Sinn des Rentnerdaseins Eine schnurgerade Schneise mit gespurten Loipen lockt Skiwanderer nach rechts. Diesen Weg sind wir im Sommer schon einmal, von oben kommend, gewandert. Nun also bergauf, durch verschneite Natur und der Nase nach. Von oben kommend brausen Skifahrer an uns vorbei, die hinter uns überholen die Fußwanderer. Es ist ein freundliches, entspanntes Begegnen im Schnee und obwohl Schulferien sind, keine Kinder, keine Jugendlichen, keine Familien. Nur Einzeltäter oder Rentner. Die Selfie-Generation surft zu Hause und im Netz nur keine Frischluft oder gar Bewegung in selbiger! Ein Vorurteil, das ich gern revidieren würde. Dann eine Kreuzung. Wir dürfen wählen zwischen weiter aufwärts, idealer Weise bis zum Achtermann, nach rechts bis Braunlage mit dem Wurmberg oder aber bis zur Moosbrücke und von da wieder zum Königskrug. Letzteres ist eine Schleife, ungefähr fünf Kilometer Schneewanderung. Genau unser Ding. Was wir zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht wissen, es geht nur abwärts ins Tal, denn die Moosbrücke ist der tiefste Punkt des Rundweges und eine Weggabelung. Wer jetzt Bretter unter seinen Füßen hat, darf sich auf einen Kilometer nur Schussfahrt mit Kurven freuen. Darauf ist nicht jeder vorbereitet, wie wir erleben, und manchmal ist die „Arschbremse“ das letzte Mittel vor einem Sturz. Allerdings schießt so mancher Könner mit ziemlich viel Speed an uns vorbei. Man müsste auch hinten Augen haben. Ich genieße die gewundene Piste, die sich abwärts durch bewaldete Areale schlängelt und manchmal einen Blick auf den Wurmberg gestattet. Von unten kommt uns ein Loipenfahrzeug entgegen, das den Skienthusiasten entspannten Wintersport ermöglicht. Es ist das erste Mal, dass ich so eine Pistenraupe bei der „Arbeit“ erleben kann. Da sitzt einer drin, der die schönsten Winterpisten befährt, um anderen darin eine Spur einzuzeichnen und sich selbst durch den verschneiten Winterwald kutschiert. Einfach herrlich, ein Traumjob bei diesem herrlichen Wetter (denke ich mir)! Die Piste führt tatsächlich nur abwärts, den Berg runter. Hinter jeder Kurve lauert schon die nächste. Während die Pistenjunkies mit viel Tempo ins Tal, und an uns vorbei, düsen, genieße ich jede Chance, etwas von dieser herrlichen Winterlandschaft aufzusaugen und Details zu entdecken. Dieses Bächlein am Pistenrand zum Beispiel, das leise abwärts rauscht und nur an einigen Stellen sichtbar ist, jedoch meist unter der dicken Schneedecke verborgen bleibt. Wenn es sich aber zeigt, dann bildet es kleine Eiszapfen an Ästen und Wurzeln, die wie skurrile Bilder anmuten und einzigartig sind. Das bekommen Skifahrer eher nicht zu sehen. Jeder empfindet Naturerlebnisse auf seine Weise. Ich versuche Magie in der Landschaft zu entdecken, eine Gabe, die (bei mir) das Älterwerden und eine Erkrankung mit sich gebracht haben und mich demütig werden ließ. Am beinahe tiefsten Punkt unserer Wanderung entdecken wir die Moosbrücke. Ein eher unscheinbares kleines Bauwerk, noch dazu völlig verschneit. Von Moos (im Winter) keine Spur. Daneben ein Stein mit der Bezeichnung sowie eine Sitzgruppe, die zur Rast einlädt. Ich verzichte auf ein nasses Hinternteil. In warmen Monaten ist dies hier sicherlich ein lauschiges Plätzchen. Wir werden es wieder besuchen, wenn wir den oberen Lauf der Bode mit den Bodefällen erkunden wollen. Jetzt heißt es noch einmal die Kräfte mobilisieren, denn der Weg zurück zum Königskrug führt uns nun aufwärts und südlich, der Sonne entgegen, die schon deutlich im Gesicht zu spüren ist. Demnächst gilt Sonnebrandgefahr. Beim Blick zurück entdecken wir einen Brockenballon, über dem Wurmberg schwebend. Ich versuche, Ballon und Bäume auf ein Foto zu bannen. Die da oben haben jetzt sicher einen schönen Blick auf die bergige Landschaft, deren Schönheiten, aber auch die Wunden, die wir Menschen zugelassen haben. Bäume und Holz sind keine Produkte, sondern Gaben der Natur, sagt mein Verstand, die wir pflegen müssen, wenn wir nehmen wollen. Da haben wir einiges falsch gemacht, wie man auf Wanderungen hier im Hochharz auch deutlich sehen kann. Der Natur allein wäre das jedenfalls nicht passiert. Schön und einmalig ist es hier dennoch, wie heute wieder zu erleben war. Ich jedenfalls kann nicht genug davon bekommen und ganz allmählich spürt der Rockrentner, wie sich Wertigkeiten verlagern …